Aus der Zingelbach in den Altarraum - Zum Kirchenjubiläum gab's Jazz im Gottesdienst und beim Frühschoppen
Wölfersheim-Berstadt (sto). "Er verschwand vor 600 Jahren und hat nun wieder seinen Platz in der Mitte der Gemeinde", sprach Pfarrer Hans-Karl Müller am Sonntag während des Gottesdienstes in der Kirche. Die Rede ist von einem in Stein gehauenen Kopf, der vielleicht einst an der Berstädter Brücke stand und eines Tages in die Zingelbach stürzte. Soweit die historische Theorie.
Ab dem Fundzeitpunkt in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts lässt sich der Weg des besagten Steins genau verfolgen. Von seinem feuchten Fundort wurde der "Brückenheilige", wie er in Berstadt auch oft bezeichnet wurde, in eine Wand an der Straße über die Zingelbach eingemauert. Als die Mauer im Zuge einer Umgestaltung verschwand, nahm sich ein Nachbar des Reliktes der Ortsgeschichte an, und gab dem Stein in seiner Gartenmauer ein neues Zuhause. Dort konnte jeder Vorbeigehende das Bildnis sehen. Im Zuge des "Berschder Kirchenjubiläums" kehrte nun das Pfarrbild (man nimmt heute an, dass es einen Geistlichen darstellt) zurück in seine Heimat Berstädter Kirche.
"Ein Pfarrer kehrt heim", war das Leitthema des Gottesdienstes am Sonntag. Pfarrer Müller erinnerte daran, dass der Stein eines Tages aus dem Ortsbild und damit auch aus der Dorfgemeinschaft verschwunden war. Möglicherweise habe man ihn anfangs vermisst, doch sei er schließlich aus den Gedanken der Menschen verschwunden. Eine Parallele zog Müller zu den Gefühlen der Menschen, die oft verschwinden, um dann doch wieder zu Tage zu treten. Gleiches passierte vor rund 80 Jahren mit dem besagten Stein. Nun war er wieder Teil der Gemeinschaft. Man nahm ihn zwar wieder auf, betonte der Ortspfarrer, aber man wies ihm auch nur einen Platz am Rande zu, unscheinbar in der Brückenmauer. Als die verschwinden sollte, drohte dem Bildnis erneut der Ausschluss aus der Ortsgemeinschaft. Ein Bewohner allerdings erbarmte sich des fast Verstoßenen und nahm ihn auf. Er gab ihm in seiner Gartenmauer einen Platz, wo er für jedermann sichtbar war und eine Integration im Ortsleben erfuhr. Auf seiner Reise zurück zu seinem Ursprungsort hatte er einen großen Schritt getan.
Nun erreichte er am Sonntag sein Ziel. Die Jahrhunderte währende Irrfahrt war zu Ende, als er an der Wand im Altarraum seinen Platz wiederfand. Den Weg des Steinbildnisses begleitete Pfarrer Müller mit biblischen Gleichnissen - und die Jazz-Sängerin Regina Klein in Gitarren-Begleitung von Hans Limburg mit Liedern.
Dem Jazz konnten die Berstädter und ihre Gäste am Sonntag noch ausgiebig frönen. Unter dem Motto "Swinging Pfarrgarten" spielte das "Jazzkränzchen Adamstal" aus dem Rheingau erfrischend zum knapp dreistündigen musikalischen Frühschoppen auf.
Die Gruppe altgedienter Freizeitjazzer bot auf Banjo, Bass und kreativem Schlagwerk eine bunte, wohltuende Mischung von New Orleans Jazz, Dixie und Swing.
Natürlich war bei zwar kühlem, aber trockenem Wetter, auch für das leibliche Wohl gesorgt. Die Bewirtung des Nachmittags lag in den Händen des "Bauwagens Berstadt".


 

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